DDr. Arthur Luka

  • Geb. am 16.05.1882
  • Geburtsort: Lemberg (Lwow), Österreich
  • Kategorie: Doktorratsstudiengang
  • Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Arthur Luka war Sohn von Wilhelm Luka (geb. 1856 in Lemberg/Lwów, gest. in Wien) und dessen Frau Berta (geb. 1855 in Lemberg, gest. in Wien, Mädchenname Diamant). Als er sich zum Wintersemester 1936/37 an der Hochschule für Welthandel für ein Doktoratsstudium einschrieb, hatte er bereits drei Doktortitel erworben. An der Universität Wien hatte er an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (1904) sowie an der Philosophischen Fakultät (1914) promoviert, an der Philipps-Universität Marburg (Deutschland) war er zum Doktor der Medizin promoviert worden (1924/25). Für die damit jeweils verbundenen Studien in Wien war Arthur Luka zwischen Wintersemester 1904/05 und Sommersemester 1908 bzw. zwischen Wintersemester 1908/09 und Sommersemester 1911 inskribiert. Das Thema der Dissertation, mit der er bei Adolf Stöhr und Friedrich Jodl an der Alma mater Rudolphina zum Doktor der Philosophie promoviert wurde, lautete: Nietzsche im Verhältnis zu Vaihinger. Überdies war er in Wien während des ersten Jahres des Ersten Weltkriegs als Medizinstudent registriert.

In Marburg war Luka zwischen Wintersemester 1916/17 und Sommersemester 1920 eingeschrieben, allerdings zunächst für „Cameralia“, das heißt für Wirtschaftswissenschaften. Wie oft er hier überhaupt Lehrveranstaltungen besucht hat, ist eine offene Frage – war er doch durchgehend, sogar über das Ende des Ersten Weltkriegs hinaus, wegen Heeresdienst beurlaubt; am 1. März 1921 wurde er jedenfalls wegen Inaktivität aus der Matrikel gestrichen. Belegt ist, dass Arthur Luka 1919 an der Marburger Universität eine Dissertation eingereicht hat, und zwar für Medizin. Betreut wurde die Arbeit des jüdischen Doktoranden von dem Würzburger Dermatologen Karl Wilhelm Felix Zieler, der während des ‚Dritten Reiches‘ der NSDAP beitreten und sich nicht zuletzt als Vorsitzender der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft als ein überzeugter und einflussreicher Ärztefunktionär im Dienste des Nationalsozialismus gerieren sollte (Weyers 2000, S. 756). Lukas Verbindung zu Zieler dürfte entstanden sein, als er mindestens im Wintersemester 1918/19 an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität Medizin studiert hatte; zu diesem Zeitpunkt wohnte er in Würzburg in der Franz-Ludwig-Straße 16. Wie er selber im Mai 1919 erklärte, wollte er allerdings nicht an der Universität des Freistaats Bayern promovieren, sondern an der in Preußen gelegenen Universität Marburg, weil er sich um die preußische Staatsbürgerschaft beworben habe. Aus einem Wechsel der Staatsbürgerschaft scheint zwar nichts geworden zu sein: Wie unten gezeigt wird, blieb Österreich sein Lebensmittelpunkt, und zum Zeitpunkt seiner Immatrikulation an der Wiener Hochschule für Welthandel hatte er die österreichische Staatsbürgerschaft. Seine Promotion in Marburg aber hat Arthur Luka erfolgreich abschließen können: Das Rigorosum für sein medizinisches Doktorat fand am 24. Juli 1924 statt, die Doktorurkunde ist auf den 12. März 1925 datiert. Der Titel seiner Marburger Dissertation lautete: Ueber den Wert der Herdreaktion nach subkutaner Tuberkulinzuführung für die Erkennung von Lupus vulgaris.

Seine Immatrikulation an der Hochschule für Welthandel im Herbst 1936 stellte nicht Lukas ersten Kontakt mit dieser Wiener Institution dar. Denn nach dem Besuch des Untergymnasiums in Sarajewo (Bosnien-Herzegowina), des Obergymnasiums in Požega (Königreich Kroatien und Slawonien), wo er 1904 die Matura abgelegt hatte, und der Wiener Handelsakademie im achten Wiener Gemeindebezirk (Hamerlingplatz 5-6) hatte er an der Kaiserlich-königlichen Exportakademie, der Vorgängerinstitution der ‚Welthandel‘, den Absolventenkurs absolviert. Sodann hatte er an derselben Einrichtung 1916/17 am Lehrerseminar und im darauffolgenden Studienjahr am Sonderkurs für Bücher- und Bilanzrevisoren teilgenommen. Unklar ist, wie sich diese Ausbildungen in Wien mit dem militärischen Einsatz im Ersten Weltkrieg vereinbaren ließen, der – wie oben berichtet – an der Universität Marburg zu Lukas dauernder Beurlaubung geführt hatte. Offenbar parallel zu seiner Immatrikulation in Würzburg wiederum war Luka im Wintersemester 1918/19 an der Wiener Exportakademie als ordentlicher Student eingeschrieben gewesen; dieses Studium scheint er aber nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie nicht fortgesetzt zu haben. Einer Examensprüfung hat er sich jedenfalls an der Exportakademie bzw. Hochschule für Welthandel nicht unterzogen.

Womit sich Arthur Luka während seiner zahlreichen Studien in Deutschland und Österreich den Lebensunterhalt verdiente, lässt sich nur bruchstückhaft eruieren. Seinen eigenen Angaben zufolge finanzierte er sein Promotionsstudium an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien durch „Lectionserteilung“. Schon vor dem Ersten Weltkrieg war er in Wien als Rechtsanwalt tätig, denn unter dieser Berufsbezeichnung wurde er 1912 als Herausgeber und Redakteur der Kommerziellen Zeitung genannt. In den frühen dreißiger Jahren gehörte er für einen kurzen Zeitraum dem Vorstand der Stabilitas an, einer „Spar- und Vorschusskassa“ mit Sitz in der Zollergasse 24 (7. Wiener Gemeindebezirk). Zu diesem Zeitpunkt war seine dienstliche Adresse als Rechtsanwalt die Bäckerstraße 10 (1. Gemeindebezirk), seine Wohnadresse die Rotensterngasse 10 (2. Gemeindebezirk).

Erneut greifbar wird seine Biographie, als sich Arthur Luka zum Wintersemester 1936/37 mit dem Ziel an der Hochschule für Welthandel einschrieb, den Doktorgrad für Handelswissenschaften zu erwerben. Zugleich wurde er 1937 zur Prüfung für Bücherrevisoren zugelassen (die er demnach während des letzten Jahres von Erstem Weltkrieg und Habsburgerreich nicht abgelegt hatte). Am 20. Januar 1938, also kurz vor dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich, reichte der jüdische Doktorand an der 'Welthandel' seine Dissertation über Bosnien und die Hercegovina. Eine wirtschaftsgeographische Darstellung und Untersuchung im Querschnitt der Jahre 1910 und 1935 ein. Obwohl die beiden Gutachter, der Wirtschaftsgeograph Hermann Leiter sowie Rektor Bruno Dietrich, die Annahme der Arbeit empfahlen, wurde Luka nach dem 'Anschluss' Österreichs aus rassistischen Gründen die Zulassung zu den Rigorosen verwehrt. In den Akten der Hochschule hieß es hierzu lakonisch: "Da mosaisch zu den Rigorosen nicht zugelassen".

Wie und unter welchen Umständen Luka in den folgenden drei Jahren überlebt hat, entzieht sich der Kenntnis. Fest steht, dass er in der antisemitisch aufgeheizten Stadt Wien vom 28. März 1938 bis zum 21. Januar 1941 in der Radetzkystraße 23/5 gemeldet war. Anschließend lebte er in der Adolf-Kirchl-Straße 9/11 (beide im 3. Gemeindebezirk) - bis er am 17. November 1941 aufgegriffen und elf Tage später zusammen mit etwa 1.000 anderen jüdischen Männern, Frauen und Kindern vom Wiener Aspangbahnhof aus ins Ghetto Minsk im sogenannten Reichskommissariat Ostland deportiert wurde. Hier kamen tausende von Menschen durch Massenerschießungen, Zwangsarbeit, Krankheiten und Hunger ums Leben.

Auch Arthur Luka wurde ein Opfer des Holocaust. Wann genau er gestorben ist, ist nicht überliefert. Es ist aber bekannt, dass er nicht zu den drei Österreichern gehörte, die nachweislich den Zwangsaufenthalt im Ghetto Minsk überlebt haben.

Am 22. März 1949 wurde Arthur Luka vom Landgericht Wien für tot erklärt.

Zur Erinnerung an sein Schicksal wurde am 6. Juni 2016 ein Schild mit Lukas Namen in Blagowschtschina aufgehängt - also jenem Wäldchen, in dem die Deportierten nahe Maly Trostinec erschossen wurden. Einen Tag später wurde sein Name bei einer Trauerfeier verlesen, die im Rahmen der 8. Gedenkreise des Vereins "Initiative Malvine - Maly Trostinec erinnern" (IM-MER) am Platz des ehemaligen Minsker Ghettos stattgefunden hat.

 

Autor: Johannes Koll

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Bilder

  • Wald von Blagowschtschina 2016 (mit freundlicher Genehmigung von Waltraud Barton)
  • Gedenkreise nach Maly Trostinec 2016 (mit freundlicher Genehmigung von Waltraud Barton)

Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte und Ordner "Allgemeine Akten 1938", Zl. 47/38.
Archiv der Universität Wien, Philosophische Fakultät, Rigorosenakt Nr. 3695: Luka, Arthur, Curriculum vitae vom 22. Mai 1913.
Archiv der Universität Wien, Philosophische Fakultät, Rigorosenprotokoll Nr. 3695: Luka, Arthur.
E-Mail von MMag. Dr. Martin G. Enne (Archiv der Universität Wien) an PD Dr. Johannes Koll (WU Wien) vom 10. November 2022.
Genteam.at. Die genealogische Datenbank, https://genteam.at [9. November 2022], Mediziner aus Wien, Nr. 47709.
E-Mail von Dr. Katharina Schaal (Archiv der Philipps-Universität Marburg) an PD Dr. Johannes Koll (WU Wien) vom 11. November 2022.
W[olfgang] Weyers: Dermatologie in Deutschland unter dem Einfluß des Nationalsozialismus, in: Andreas Plettenberg/Wilhelm N. Meigel/Ingrid Moll (Hrsg.): Dermatologie an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Aktueller Stand von Klinik und Forschung. Berichte von der 40. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Berlin/Heidelberg 2000, S. 755-758.
Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Handels- und Gewerbe-Adreßbuch für die k.k. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien, 54. Jg., Bd. 1, Wien 1912, S. 1680.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich, 30. Jg., Nr. 45 vom 11. November 1931, S. 928, Nr. 17.815.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich, 31. Jg., Nr. 19 vom 11.05.1932, S. 458, Nr. 9233.
Wiener Adreßbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger, 72. Jg., Wien 1931, Bd. 1, S. 967.
Studiennachrichten der K.k. Exportakademie über das 19. Studienjahr 1916/17, Wien 1917, S. 49.
Studiennachrichten der K.k. Exportakademie über das 20. Studienjahr 1917/18, Wien 1918, S. 49.
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW-119202/2013.
Opferdatenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, http://www.doew.at [30. August 2013].
Yad Vashem: The Central Database of Shoah Victims' Names, http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=en [30. August 2013].
Waltraud Barton (Hrsg.): Maly Trostinec – Das Totenbuch. Den Toten ihre Namen geben. Die Deportationslisten Wien – Minsk/Maly Trostinec 1941/1942, 2. Aufl. Wien 2015, S. 225.
E-Mail von Waltraud Barton, MA (IM-MER) an PD Dr. Johannes Koll (WU Wien) vom 13. Juni 2016.
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Deportation und Vernichtung – Maly Trostinec (= Jahrbuch 2019), Wien 2019.

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