Dr. Dkfm. Felix Glattauer

  • Geb. am 26.03.1911
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Aberkennung akad. Grade
  • Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Wie seine Schwester Edith entstammte Felix der Ehe von Hugo Glattauer und Elsa, geborene Haas. Im Sommersemester 1932 schloss er das Diplomstudium an der Hochschule für Welthandel ab, ein Jahr später wurde er an derselben Hochschule zum Doktor der Handelswissenschaften promoviert. Bis zum 'Anschluss' Österreichs war er als Prokurist in der Firma seines Vaters tätig, der Ungarischen Weinbau GmbH Nachf. Hugo Glattauer. Sie befand sich im 10. Wiener Gemeindebezirk am damaligen Ostbahnhof (heute Gelände des Hauptbahnhofs).

Zum September 1938 wurde Glattauer entlassen, später wurde die väterliche Firma liquidiert. Als Jude war Glattauer gezwungen, bei der sogenannten Vermögensverkehrsstelle, einer Rauborganisation des NS-Staates, eine Aufstellung aller Vermögenswerte abzugeben. Angesichts der systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung nach dem 'Anschluss' gab Glattauer im Dezember 1938 seine Wohnung in der Mayerhofgasse 1/11 (4. Gemeindebezirk) auf. Es gelang ihm, zu emigrieren, vermutlich nach Jaffa (heute ein Teil von Tel Aviv).

Die Emigration nahm das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Berlin) im Jahr 1941 zum Anlass, Glattauer den Diplom- wie auch den Doktortitel abzuerkennen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildete das Gesetz über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939. In dessen § 4 hieß es, dass ein akademischer Grad durch eine deutsche Hochschule wieder entzogen werden konnte, "wenn sich nachträglich herausstellt, daß der Inhaber der Verleihung eines akademischen Grades unwürdig" gewesen sei oder sich "durch sein späteres Verhalten der Führung eines akademischen Grades unwürdig erwiesen" habe. Aus Sicht des NS-Regimes war dies der Fall, sobald ein Jude oder eine Jüdin emigrierte.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Glattauer der Doktortitel wieder zuerkannt. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Professorenkollegium auf seiner Sitzung vom 28. Juli 1945; dabei stützte es sich auf Verordnung 78/1945 des österreichischen Staatsamtes für Volksaufklärung, für Unterricht und Erziehung und für Kulturangelegenheiten. Ab dem 16. August 1945 durfte Glattauer den Titel erneut offiziell tragen.

Die Erneuerung der Verleihung des Doktorats der Handelswissenschaften, die nach dem Universitätsorganisationsgesetz 1975 aus Anlass des 50. Promotionsjubiläums möglich gewesen wäre, „wenn dies im Hinblick auf die besonderen wissenschaftlichen Verdienste, das hervorragende berufliche Wirken oder die enge Verbundenheit des Absolventen mit der Universität gerechtfertigt“ gewesen wäre (§ 98), unterblieb – ähnlich wie bei Ernst Steiner – in seinem Fall.

 

Autor: Johannes Koll

Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte sowie Karteikarten-Sonderbestand "Disziplinarmaßnahmen 1934 ff.".
Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Bundesministerium für Finanzen, Vermögensverkehrsstelle, Vermögensanmeldung 27146.
Wiener Adreßbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger 1938, 79. Jahrgang, Bd. 1, Wien 1938, II. Teil, S. 101.
Wiener Adreßbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger für das Jahr 1939, 80. Jahrgang, Bd. 1, Wien 1939, Teil II, S. 85.
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW – 173172/2013.
Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Präsidialakte Zl. 80/1945.
Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Protokoll Professorenkollegium vom 9. März 1946, Zl. 390/46.
Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Präsidialakte „Erneuerung akademischer Grade 1980-1984“, vorl. Kart.-Nr. 409.
Geni. A My Heritage Company, http://www.geni.com/people/Felix-Glattauer/6000000015820415334 [24. September 2014].

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