Gertrud Edith Löwinger

  • Geb. am 02.07.1917
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Diplomstudiengang
  • Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Gertrud Edith war die Tochter des Fabrikdirektors und Buchsachverständigen am Handelsgericht für Buchwesen Julius Löwinger (geb. 25. September 1887 in Wien-Fünfhaus als Sohn von Philip Löwinger und Netti, geborene Herlinger) und von dessen Gattin Hilda (geb. 5. Juni 1886 in Wien-Ottakring als Tochter von Max Herzfeld und Fanny, geborene Reiss).

Im Anschluss an den Besuch der Realschule im ersten Wiener Gemeindebezirk, wo sie die Matura mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, war Gertrud Edith Löwinger zwischen dem Wintersemester 1935/36 und dem Sommersemester 1938 sechs Semester lang an der Hochschule für Welthandel inskribiert. Sie wohnte in der elterlichen Wohnung im Salzgries 15/15 (1. Wiener Gemeindebezirk).

Obwohl sie kurz vor der Diplomprüfung stand und während des Studiums bei Prüfungen zum Teil exzellente Noten erhalten hatte, wurden ihr nach dem „Anschluss“ Österreichs aufgrund ihres jüdischen Religionsbekenntnisses die Fortsetzung des Studiums sowie die Ablegung der Diplomprüfung verwehrt. Vermutlich zusammen mit ihren Eltern verließ sie am 16. September 1938 die Wohnung im Salzgries, in der Familie Löwinger seit dem 4. April 1925 gemeldet gewesen war, um in London ins Exil zu gehen. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.

Die Mutter von Gertrud Edith hatte sich am 15. November 1915 von Heinrich Krohn scheiden lassen, den sie am 8. April 1906 in Wien geehelicht hatte. Im folgenden Jahr heiratete Hilda Julius Löwinger in Wien-Alsergrund in zweiter Ehe.

Der Vater von Gertrud Edith war seit Oktober 1915 zusammen mit Ernst Krohn Prokurist der Eisengießerei Osers & Bauer, die unter anderem Motoren und Lokomotiven herstellte und ihren Sitz in der Dresdnerstraße 81-85 (20. Wiener Gemeindebezirk) hatte. Nachdem die Generalversammlung der Aktionäre am 23. Februar 1929 die Liquidation beschlossen hatte, fungierte Julius Löwinger zusammen mit Kommerzialrat Richard Bauer als Liquidator. Ende Februar 1931 wurde Löwinger Inhaber der Firma desselben Namens, die ihren Sitz inzwischen in die Boltzmanngasse 22 (9. Wiener Gemeindebezirk) verlegt hatte; sie vertrieb Rohöl-, Sauggas- und Benzinmotoren sowie weitere Maschinen und technische Bedarfsartikel in den Nachfolgestaaten des Habsburgerreiches, den Staaten des Balkans, der Türkei und Spanien. Außerdem war Gertrud Ediths Vater seit Februar 1925 Direktionsmitglied der Minerva A.G. für Handel von Maschinen, Industrie und Installationsbedarfsartikeln mit Sitz in Zagreb. Schließlich ist belegt, dass Julius Löwinger 1924 Vorstandsmitglied im Gremium der Buchsachverständigen und Bücherrevisoren wurde und am 14. Januar 1932 in die unweit seiner Wohnung gelegene jüdische Loge B’nai B’rith (Passauerplatz 9) aufgenommen wurde.

In der Folge des Einmarsches der deutschen Wehrmacht in Österreich (ab 12. März 1938) wurde der Vater von Gertrud Edith Löwinger aufgrund seines jüdischen Bekenntnisses aus allen beruflichen und gesellschaftlichen Funktionen entfernt. Er wurde somit Opfer der „Arisierung“ unter dem NS-Regime.

 

Autor: Johannes Koll

Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte und Alte Prüfungsliste.
Index der jüdischen Matriken Wien und Niederösterreich, nach GenTeam. Die genealogische Datenbank, http://www.genteam.at [22. März 2018].
Israelitische Kultusgemeinde Wien: Scheidungen 1870-1942, nach GenTeam. Die genealogische Datenbank, http://www.genteam.at [22. März 2018].
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW-267972-2018.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister, 14. Jg., Ausgabe 80 vom 6. Oktober 1915, S. 1071, Nr. 12188.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich, 28. Jg., Ausgabe 15 vom 10. April 1929, S. 297, Nr. 7352.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich, 30. Jg., Ausgabe 10 vom 11. März 1931, S. 212, Nr. 4255.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich, 21. Jg., Ausgabe 27 vom 5. April 1922, S. 420, Nr. 6412.
Bureau-Compass. Ein Comptoirhandbuch mit Vormerk-Kalender 1924, hrsg. von Rudolf Hanel, 26. Jg., Wien o.J., S. 271.
Mitglieder von Freimaurerlogen vor 1938, nach GenTeam. Die genealogische Datenbank, http://www.genteam.at [22. März 2018].

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