Hanns Lenikus

  • Geb. am 16.05.1924
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Diplomstudiengang
  • Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Hanns war Sohn von Sofie und Dr. Hubert Lenikus. Obwohl seine Eltern römisch-katholisch getauft waren, galt seine Mutter (geb. 16. Januar 1891 in Wien, Mädchenname Rosenfeld) nach den rassistischen Vorstellungen der NS-Ideologie als jüdisch. Sowohl der Vater als auch die Mutter mussten nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs bei der Vermögensverkehrsstelle, einer staatlichen Organisation zur systematischen Beraubung der jüdischen Bevölkerung, ihr gesamtes Vermögen angeben; die entsprechende Erklärung diente dem nationalsozialistischen Regime als Grundlage für ‚Arisierung‘ von jüdischem Besitz. Sogar das Auto des Vaters mit dem Kennzeichen A 1234 wurde von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Im Mai 1938 wurde der Vater (geb. 31. Oktober 1892 in Wien) aus dem Polizeidienst entlassen – bis dahin hatte er als Polizeirat bei der Polizeidirektion Wien gearbeitet. Außerdem wurde er von den Nationalsozialisten sechs Wochen lang inhaftiert. Erst nach dem Ende von NS-Herrschaft und Zweitem Weltkrieg wurde Hubert Lenikus rehabilitiert.

Bis Mai 1942 war Familie Lenikus in der Jedleseerstraße 102 gemeldet; auch nach Kriegsende lebte Hanns unter dieser Adresse im 21. Wiener Gemeindebezirk.

Wann und in welcher Weise Hanns Lenikus am Studium gehindert wurde, geht aus den überlieferten Unterlagen nicht hervor. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass er als ‚Mischling ersten Grades‘ wie alle anderen ‚Viertel‘- oder ‚Halbjuden‘ verpflichtet war, beim zuständigen Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Berlin) eine Genehmigung zur Aufnahme des Studiums und zur Ablegung von Prüfungen einholen musste. Vermutlich ist ihm die Genehmigung gänzlich verwehrt worden oder war mit schikanösen Einschränkungen verbunden. Tatsache ist, dass ihm die Hochschule für Welthandel nach dem Zweiten Weltkrieg drei Semester als „Wiedergutmachung“ anerkannte. Gleich nach dem Krieg schrieb sich Lenikus für den Diplomstudiengang ein, insgesamt war er zwischen Wintersemester 1945/46 und Sommersemester 1948 an der ‚Welthandel‘ inskribiert. Bereits im Sommersemester 1947 legte er die Diplomprüfung ab. Ein Jahr später reichte er seine Dissertation ein, verließ die Hochschule allerdings ohne Doktorhut.

Zunächst arbeitete Hanns Lenikus als Beamter in der Staatsverwaltung, wechselte aber bald schon als selbständiger Kaufmann in die Privatwirtschaft. Er gehörte dem Freien Wirtschaftsverband an, in dem sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sozialdemokratisch orientierte Gewerbetreibende und Kaufleute zusammenschlossen. Im November 1960 heiratete Hanns Lenikus Elisabeth, geborene Pleban; aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Er starb am 22. Mai 1974 in Torremolinos an der spanischen Mittelmeerküste. Am 4. Juni wurde er auf dem Friedhof Jedlesee bestattet. In demselben Grab ruhen sein Vater und seine Mutter, die im Alter von 86 bzw. 72 Jahren verstorben waren.

 

Autor: Johannes Koll

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Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Karteikarte.
Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Bundesministerium für Finanzen, Vermögensverkehrsstelle, Vermögensanmeldungen 14879 und 14880.
Historische KFZ-Verzeichnisse, http://historische-kfz-verzeichnisse.technischesmuseum.at/?page_id=9 [24. Juni 2014].
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW – 827882/2013.
E-Mails von Mag. Martin Lenikus an Dr. Johannes Koll (Wirtschaftsuniversität Wien) vom 8. und 10. Juli 2014.
Friedhöfe Wien, Verstorbenensuche, http://www.friedhoefewien.at/eportal/ [30. August 2013].

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