Josef Martin (genannt: Jeff) Grumbach-Palme

  • Geb. am 19.03.1922
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Diplomstudiengang
  • Heimatberechtigung: Innsbruck (Innsbruck), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Josef Martin Grumbach-Palme war Sohn des Tiroler Künstlers Josef und der Marianne Portitsch. Obwohl er selber nicht jüdischen Glaubens war, wurde er von den Nationalsozialisten als 'jüdisch' betrachtet, weil seine Mutter der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte. Seine Mutter entging zwar dem Holocaust. Doch ihre Angehörigen wurden vom NS-Regime im Zuge der 'Arisierung' beraubt, in Konzentrationslager deportiert und ermordet.

Wann und wie lange Josef Martin vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs an der Hochschule für Welthandel inskribiert war, lässt sich mangels Quellen nicht ermitteln. Belegt ist aber, dass ihm nach Kriegsende drei Semester als Wiedergutmachung anerkannt wurden. In der Nachkriegszeit war er nachweislich zwischen Sommersemester 1947 und Sommersemester 1948 an der 'Welthandel' eingeschrieben.

Während der NS-Herrschaft war Grumbach-Palme „eine nicht unwesentliche Persönlichkeit im inoffiziellen und konspirativen Jazzgeschehen Wiens" (Schulz 2008, S. 75). So gehörte er ab 1938 als Akkordeonist dem Orchester von Ferry Höndl an. Auch der Beginn des Zweiten Weltkriegs hinderte Grumbach-Palme nicht daran, in Wien, Berlin und anderen Städten des 'Großdeutschen Reiches' in Jazzformationen aufzutreten. Bei einem Engagement in Hamburg wurden er und die gesamte Band einmal verhaftet, weil die Musiker - wie er selber später berichtete - "'schräge', 'jiddische' Musik gemacht hatten. Auf der Wache mussten wir dann bis sechs Uhr früh für die Polizisten jazzen. Bevor wir gehen durften, hat man uns noch reich beschenkt." (zit. nach ebd., S. 76 f.) Im Dezember 1941 schließlich wurde Grumbach-Palme von der Reichsmusikkammer mit einem Aufführungsverbot belegt. Deshalb musste er sich seinen Lebensunterhalt anderswo verdienen: in einer Speditionsfirma, einer Warengroßhandlung und bei der Siemens AG. Wie er später angab, sahen sich die Betriebe jedoch gezwungen, ihn unter politischem Druck wieder zu entlassen. Trotzdem wagte er es, ab 1942 in der Wohnung seiner Mutter zwei Mal wöchentlich Jam Sessions zu veranstalten, die in einschlägigen Kreisen als "Dämmerstunde bei Jeff" bekannt waren. Obwohl Jazz offiziell für nationalsozialistische Kulturpolitik verpönt war, zählte seinen eigenen Angaben zufolge auch ein SS-Mitglied zu den Musikern, die in der "Dämmerstunde" auftraten. Angeblich hat während des Krieges sogar einmal eine Propagandaabteilung der SS mit ihm und den Vienna Rhythm Kings in Wien-Favoriten Aufnahmen gemacht. Eine unabhängige Bestätigung für diesen Bericht gibt es allerdings nicht. Der Einberufung in die Wehrmacht entkam Grumbach-Palme, weil er vor der Musterung auf Anraten seines Onkels Peter Tabletten eingenommen hatte. Sie verfehlten ihre Wirkung nicht: "Vor der Kommission habe ich geglaubt, mir zerspringt der Kopf, so hat mein Herz geklopft" (zit. nach ebd., S. 81). Dafür wurde ihm die Wehruntauglichkeit bescheinigt. Allerdings wurde er in ein sogenanntes Wehrertüchtigungslager geschickt, das im Schloss von Halbturn unweit des Neusiedler Sees untergebracht war. Hier hielt er es - wiederum seinen eigenen Angaben nach - nicht lange aus: "Ich bin auf einen fahrenden Zug aufgesprungen und ging dann in Wien wieder den gewohnten Tätigkeiten nach, habe Saxofon geblasen und in der Eisenhandlung Krumpholz Nägel und Schrauben sortiert." (zit. nach ebd.)

Mit der Befreiung nahm seine eigentliche Karriere als Musiker einen enormen Aufschwung, und 1971 war Grumbach-Palme Mitbegründer und erster Präsident des Jazzring Austria. Außerdem trat er mit dem Wiener Kabarettisten Gerhard Bronner auf und wirkte an dem Film Geheimnisvolle Tiefe (1949) mit. Vielseitigkeit spricht aus der Tatsache, dass er an der Produktion der ersten Folge der Sendung Hausfrau sein dagegen sehr - praktische Tipps für den Haushalt beteiligt war, die am 25. Juni 1958 auf ORF 1 gesendet wurde. Schließlich trat Grumbach-Palme publizistisch hervor. So veröffentlichte er 1982 zusammen mit Gaby von Schönthan das Buch Konditorei Zauner. Bad Ischl und das Salzkammergut. Eine kleine Kulturgeschichte. Posthum veröffentlicht wurde im Jahr 1984 der Roman Geteilt durch Sieben. In dem Manuskript zu diesem Buch hatte Grumbach-Palme höchst lebendig autobiographische Erfahrungen verarbeitet.

Grumbach-Palme verstarb am 31. August 1983 in Steinbach am Attersee, am 21. September 1983 wurde er in Wien auf dem Döblinger Friedhof beigesetzt.

 

Autor: Johannes Koll

Bilder

  • Grumbach-Palme im Jahr 1941. Quelle: Klaus Schulz: Steffl Swing. Jazz in Wien zwischen 1938 und 1945, Wien 2008, S. 75. Mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.

Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte.
Klaus Schulz: Steffl Swing. Jazz in Wien zwischen 1938 und 1945, Wien 2008.
Christian Glanz: Unterhaltungsmusik in Wien im 19. und 20. Jahrhundert, in: Elisabeth Th. Fritz-Hilscher/Helmut Kretschmer (Hrsg.): Wien - Musikgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart, Wien/Berlin 2011, S. 487-534.
Österreichisches Musiklexikon, http://www.musiklexikon.ac.at/ml?frames=yes [3. Oktober 2013].
E-Mail von Antonia Löwi (Ö1 Service) an Dr. Johannes Koll (Wirtschaftsuniversität Wien) vom 30. Juli 2014.
Friedhöfe Wien, Verstorbenensuche, http://www.friedhoefewien.at/eportal/ep/home.do?tabId=0 [30. August 2013].

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