Karl Erdheim

  • Geb. am 29.06.1919
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Diplomstudiengang
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Im Frühjahr 1939 wurde Erdheim zum Reichsarbeitsdienst nach Linz eingezogen. Vermutlich schloss sich daran die Einberufung in die Wehrmacht an. Erst im August 1942 war er wieder in Wien gemeldet, und zwar in der Burggasse 48/2/35 (7. Gemeindebezirk).

Die Zulassung zum Studium an der Hochschule für Welthandel erwies sich allerdings als problematisch. Denn obwohl Erdheim der römisch-katholischen Kirche angehörte, galt er wegen seines jüdischen Vaters nach nationalsozialistischer Auffassung als 'Mischling', und deshalb war zur Zulassung zum Studium an der Hochschule für Welthandel eine Genehmigung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Berlin) erforderlich. Eine Entscheidung wurde jedoch zurückgestellt, solange Erdheim noch unter den Waffen stand. In sie sollte einfließen, "ob und in welchem Umfange er sich im Kriegsdienst bewährt und ausgezeichnet hat." Nachdem Erdheim dann aus der Wehrmacht entlassen worden war, konnte er im November 1942 neuerlich einen Antrag auf Zulassung zum Studium stellen. Obwohl er während des Wehrdienstes mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet worden war, und obwohl er nach Aussage von Rektor Kurt Knoll "noch in der Kampfzeit für die [NS-]Bewegung und den Anschluss der Ostmark an das Reich eingestellt und tätig war", wurde sein Antrag Mitte März 1944 (also mit erheblicher zeitlicher Verzögerung) vom Ministerium letztlich abgewiesen. Dies geschah nach Fühlungnahme mit der NSDAP. Welche Gründe konkret für den negativen Bescheid ausschlaggebend waren, ist unbekannt; immerhin hatte das NS-Regime in der Zwischenzeit die Zulassungsbedingungen für ‚Mischlinge‘ verschärft. Mangels historischer Quellen lässt sich auch nicht überprüfen, wie lange er zuvor an der 'Welthandel' Lehrveranstaltungen besucht und möglicherweise Prüfungen abgelegt hatte. Das Gleiche gilt für die Fragen, ob ihm nach Kriegsende von der Hochschule für Welthandel eine Wiedergutmachung zugesprochen wurde und ob er sich nach Mai 1945 erneut für ein Studium eingeschrieben hat.

Seinem Antrag, nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund des Abbruchs oder einer mindestens dreieinhalbjährigen Unterbrechung des Studiums im Sinne von § 1 des Opferfürsorgegesetzes von 1947 als Opfer politischer Verfolgung anerkannt zu werden, wurde nicht stattgegeben.

Belegt ist schließlich, dass Erdheim mit seiner Gattin Melitta (geb. 10. Januar 1924) eine Tochter hatte. 1975 zog er nach Baden. Hier verstarb er am 14. November 1991. Drei Wochen später wurde er auf dem Badener Helenenfriedhof beigesetzt.

 

Autor: Johannes Koll

Quellenhinweise

Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW – 625959/2013.
Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Unterricht/Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien, Kart. 13, GZ 5201 ex 1941-1944.
Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Bundesministerium für Inneres (BMI), Gauakt 218651: Dienstzettel der Magistratsabteilung 12 des Amtes der Wiener Landesregierung vom 19. Januar 1965 an Abteilung 2 des Bundesministeriums für Inneres, Zl. MA 12-34398.
E-Mail von Angela Rosenmayer (Römisch-katholische Pfarre St. Christoph, Baden) an PD Dr. Johannes Koll (Wirtschaftsuniversität Wien) vom 2. Oktober 2014.

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